Ergebnisse der wissenschaftlichen Arbeit überzeugend präsentieren (I)

Als Wissenschaftslektor für Abschlussarbeiten und Dissertationen stelle ich häufig fest, dass die Qualität einer Arbeit im letzten Viertel immer mehr nachlässt, wenn es darum geht, die Ergebnisse zu diskutieren, zusammenzufassen und eindeutig Position zu beziehen. Diese Feststellung gilt nicht weniger für Veröffentlichungen in wissenschaftlichen Zeitschriften und andere Publikationen. Zwei naheliegende Gründe für diesen Mangel sind die knapp bemessene Zeit und die nachlassende Motivation, die an sich gelungene Argumentation konsequent bis zum Ende fortzusetzen. Die beiden Gründe sind den meisten Autorinnen bzw. Autoren noch bewusst, sodass Gegenstrategien entwickelt werden können.

Ein weiterer Grund ist, dass wissenschaftliches Schreiben im Prüfungskontext an einen festgelegten Adressaten gerichtet ist. Die Adressatenorientierung wird nicht konkret wahrgenommen oder angezweifelt, ist jedoch wesentlich, denn häufig erzählen mir Studierende und Promovierende sehr überzeugend ihre Vorstellungen über die Ergebnisse, die aber in dieser Deutlichkeit nicht in der Doktorarbeit stehen. Wenn ich nachfrage, warum sie denn nicht die Ergebnisse der eigenen Wahrnehmung niedergeschrieben haben, wird eingewendet, die Betreuerin bzw. der Betreuer würde ein anderes Ergebnis erwarten oder noch niemand in dem Fach sei bisher auf die Idee gekommen, dieses scheinbar „abwegige“ Ergebnis zu präsentieren. Vor diesem Hintergrund entstehen Schlusskapitel, die an Klarheit zu wünschen übrig lassen und denen „das Salz in der Suppe“ fehlt. Im schlimmsten Fall ist ein eigenständiges Ergebnis überhaupt nicht zu erkennen, was sich sehr negativ auf die Benotung einer ansonsten gut gelungenen Arbeit auswirken kann. Es ist nicht zielführend, Diskussion und Schluss aus der Adressatenperspektive zu schreiben. Wechseln Sie also die Perspektive und stellen Sie sich vor: Was habe ich durch meine Arbeit gelernt? Welche Ergebnisse sind mir für meine Arbeit wichtig? Was möchte ich mit meiner Arbeit der Fachdisziplin mitteilen?

Lehnen Sie sich einfach aus dem Fenster und beziehen Sie Position zu Ihrem Thema. Selbstverständlich müssen Sie sich immer an die Fragestellung, die Erkenntnisse aus den einschlägigen Literaturquellen und an den empirischen Befunden halten. Folgen Sie der eigenen Wahrnehmung. Denken Sie daran, dass Sie bzw. die Expertin bzw. der Experte Ihrer eigenen Arbeit sind und nur Sie beurteilen können, welche Ergebnisse wichtig sind. Ihre Betreuerin bzw. Ihr Betreuer und überhaupt die gesamte Fachwelt möchte etwas Neues durch Ihre Arbeit erfahren. Als Lektor und Schreibcoach kann ich wertvolle Hinweise geben, welche Argumente in den abschließenden Kapiteln noch einmal aufgegriffen werden sollten. Es ist in den 27 Jahren meiner Tätigkeit als Wissenschaftslektor noch nicht vorgekommen, dass Diskussion und Ergebnisse zu weit über die Fragestellung und Zielsetzung der Arbeit hinausgingen. Probleme gab es eigentlich nur, wenn sich die Autorin bzw. der Autor zu sehr zurückhielten oder zu bescheiden waren. Seien Sie also mutig und konsequent, wenn Sie sich den Ergebnissen widmen.

Falls Sie weitere Fragen zur Ergebnispräsentation für Ihre wissenschaftliche Arbeit haben, können Sie sich gern telefonisch oder per E-Mail an mich wenden.

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